Fondukistan
  • Tonskulptur eines Fürstenpaares aus dem buddhistischen Kloster von Fondukistan, Nische E; Ende 7. / Anfang 8. Jh. (©: Kabul, Afghanisches Nationalmuseum / Wien, WHAV)
  • Tonskulptur eines Fürstenpaares aus dem buddhistischen Kloster von Fondukistan, Nische E; Ende 7. / Anfang 8. Jh. (©: Kabul, Afghanisches Nationalmuseum / Wien, WHAV)

Fondukistan ist ein buddhistischer Denkmalkomplex auf einem Hügel im Tal von Ghorband (Provinz Parvan, Afghanistan), etwa 120 km nordwestlich von Kabul. Von hier ergibt sich ein Blick auf das Tal von Süden aus, etwas nördlich jener Route über den Hindukusch, die einst Indien mit Baktrien und Zentralasien verband.

Der 1836 vom britischen Entdecker Charles Masson erstmals erwähnte Fundplatz wurde 1937 unter der Leitung von Jean Carl durch die Délégation Archéologique Française en Afghanistan (DAFA) ausgegraben, die Ergebnisse wurden allerdings erst 1959 auf Basis der knappen, von ihm und Joseph Hackin hinterlassenen Dokumentation publiziert.

Der vergleichsweise kleine Komplex weist Züge auf, die hinsichtlich der Geschichte buddhistischer Kunst und des zugehörigen Stiftungswesens von großem Interesse sind. Der eigentliche Kultkomplex, der mit weiteren, wohl dem Leben der Mönche gewidmeten Gebäuden verbunden ist, besteht aus einem quadratischen Lehmziegelbau, in dessen Zentrum sich auf einem ebenfalls quadratischen Sockel der aus Schiefer errichtete Stupa befindet. Die künstlerische Ausgestaltung des Komplexes scheint dabei über alle im Laufe der Zeit folgenden Ausbauphasen hinweg einem generellen Gesamtentwurf zu folgen. In zwölf Mauernischen, die von einem Zierband in Form einer durchgehenden Reihe von Bögen eingerahmt waren, befanden sich farbig gefasste und vergoldete Skulpturengruppen unterschiedlicher Ikonographie.. Diese sind häufig solcherart aufgebaut, dass eine größer dargestellte, zentrale Figur von zwei kleineren, die sich ihr zuwenden, eingefasst wird. Durch die Geschmeidigkeit der Körperdarstellung, den Ausdruck der Gesichter und die elegante Gestik wirken die Szenen äußerst lebendig, ein Eindruck, der zusätzlich durch weitere kleine Figuren verstärkt wird, die teils nur zur Hälfte hinter Drapierungen im oberen Teil der Mauern hervorzuschauen scheinen.

Eine Ausnahme im Gesamtkontext der religiösen Darstellungen bildet das „fürstliche Paar“ aus Nische E (Abb. E). Die beiden Figuren, von denen die weibliche in indischer Manier gekleidet ist, die männliche aber einen reich verzierten Kaftan mit doppeltem Aufschlag und Stiefel trägt, sitzen in symmetrischer Haltung beiderseits eines Stapels von Kissen, auf welchen sie jeweils einen Ellbogen stützen. Im Sockel wurden zwei Begräbnisurnen gefunden, die wohl den fürstlichen Stiftern der Porträts gehören. Eine der Urnen enthielt eine Münze des Sasaniden-Königs Chosro II. (591–628), die um 689 durch einen arabischen Gouverneur kontermarkiert wurde. Sie bietet einen wertvollen Anhaltspunkt für die Datierung, denn die Entstehung der Skulpturen oder zumindest diejenige der Grablege kann damit nur nach diesem Zeitpunkt angesetzt werden.

Wandmalereien inner- und außerhalb der Nischen vervollständigen die Ausschmückung des Heiligtums. Die gemalten Figuren, unter denen sich ein Maitreya und Personifikationen der Sonne und des Mondes befinden, besitzen die gleiche Grazie, Eleganz und leuchtende Farbigkeit wie die Skulpturen.

In der Gegenüberstellung mit etwa gleichzeitig entstandenen Werken aus Afghanistan, so etwa Skulpturen aus Tapa Sardar und Malereien in Bamiyan, aber auch Funden aus Tumschuq in Zentralasien, den Skulpturen von Uschkar in Kaschmir oder der zeitgenössischen Bronzekunst Pakistans, wird eine gemeinsame künstlerische Kultur erkennbar, die – wenngleich in regionalen Varianten – in der Zeit um das 7./8. Jahrhundert weite Landstriche vom östlichen Zentralasien bis in die nordwestlichen Regionen des indischen Subkontinents miteinander verband.