Die beeindruckend große Ruinenstätte Mes Aynak liegt in Logar (Afghanistan), etwa 30 km südöstlich von Kabul (Abb. B). Sie wird derzeit im Rahmen einer Rettungsgrabung untersucht, denn sie befindet sich direkt über dem zweitgrößten Kupfervorkommen der Welt und wird sich bald in einen riesigen Tagebau verwandeln. Nachdem im Jahr 2007 die Schürfrechte für 30 Jahre an die China Metallurgical Group Corporation vergeben worden sind, begann das Afghanische Archäologische Institut 2009 mit französischer Unterstützung mit der Rettungsgrabung. Der ursprüngliche Plan für die archäologischen Untersuchungen wurde jüngst sogar erweitert, doch angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Bergbauprojekts stehen die Erforschung und Sicherung der archäologischen Denkmäler unter extremem Druck.
Bisher konnten schon einige buddhistische Heiligtümer aus der Zeit vom 5. bis zum 9. Jahrhundert samt ihren Stupas (Abb. D), Kapellen (Abb. C) und Mönchsquartieren in Teilen freigelegt werden. Allerdings sind immer noch zahlreiche weitere Anlagen ziviler, religiöser, aber auch wirtschaftlicher Natur unter den Ruinenhügeln, die das Gelände überziehen soweit das Auge reicht, verschüttet.
Viele Spuren deuten darauf hin, dass die hier vorliegenden Metallvorkommen bereits in der Antike ausgebeutet wurden. Recht wahrscheinlich waren dabei auch die buddhistischen Institutionen vor Ort an den Schürfrechten beteiligt. Die Kultbezirke selbst sind reich mit hochklassigen Malereien und Skulpturen ausgestattet. Im Vergleich zu anderen, ähnlichen Anlagen, deren Ausstattung gleichfalls vor allem aus vergänglichen Materialien wie Lehm und Holz besteht, sind sie zudem besonders gut erhalten. Bemerkenswert ist die Menge der geborgenen Holzobjekte, die von kleinen Statuen über geschnitzte und bemalte Architekturelemente bis hin zu diversen Einfassungen reichen. Die polychromierten Lehmskulpturen sind häufig teilweise vergoldet. Gelegentlich finden sich auch kolossale Skulpturen, die auf relativ kleinem Raum zu Gruppen arrangiert sind (Abb. E). Der präzise Inhalt solcher Gruppen lässt sich aufgrund der fragmentarischen Erhaltung nicht immer sicher erschließen, ein gemeinsames Merkmal ist aber stets der Gegensatz zwischen der enormen Größe der Skulpturen und der Enge des architektonischen Kontextes, in dem sie stehen. Diese sicherlich so geplante Disproportionalität dürfte dem allgemeinen Konzept der religiösen Praxis entgegengekommen sein.