Die ersten Zeugnisse der jüdischen Geldgeschichte sind die sogenannten Yehud-Münzen, die unter persischer Oberhoheit geprägt wurden und in das frühe 4. Jahrhundert v. Chr. datieren. Der Name ist eine moderne Bezeichnung und bezieht sich auf die drei paläo-hebräischen Buchstaben YHD (Yehud), die auf den Münzen zu lesen sind. Das Hebräische war bis zur Zerstörung des 1. jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahr 586 v. Chr. und in der Zeit des babylonischen Exils die Primärsprache in Judah gewesen, doch beschränkte sich sein Gebrauch schon ab dem späten 8. Jahrhundert v. Chr. weitgehend auf dieses Gebiet. In der Zeit des Exils wurde in Judah die aramäische Sprache eingeführt und gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. hatte das Aramäische das Hebräische nicht nur als Umgangssprache, sondern auch als Verwaltungssprache nahezu überall verdrängt. Die damals bereits ungebräuchliche paläo-hebräische Schrift wurde auf den Münzen verwendet, um die nationale wie religiöse Identität ihrer Auftraggeber zu betonen. Wenngleich die oft nur wenige Millimeter großen Silberstücke heute überaus selten sind, existierte eine Vielzahl unterschiedlicher Typen, die im 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. innerhalb der jüdischen Provinz Judah zirkulierten (Bild B.).
Unklar ist, nach welchem Gewichtsstandard die Münzen ausgebracht wurden. Lange herrschte die Ansicht vor, dass sie dem griechisch-attischen Standard folgen. Die neuere Forschung geht jedoch davon aus, dass sich die Yehud-Münzen am jüdischen Schekel (ca. 11,4 Gramm) orientieren. Das Gewicht einer Yehud-Münze entspricht der sogenannte Gerah (1/24-Schekel, 0,48 Gramm). Möglicherweise wurden die Münzen zur Entrichtung der jährlichen Kopfsteuer an den Tempel in Jerusalem verwendet, die mit einem halben Schekel Silber (= 12 Gerah) bemessen war.
In biblischen und literarischen Quellen sowie in epigraphischen Zeugnissen kann die Zahlung der Kopfsteuer bis zur Zerstörung des Tempels im 1. Jüdischen Krieg gegen Rom im Jahre 70 n. Chr. verfolgt werden (Mt 17,24). Sie wurde in Judah vermutlich durch Esra (Esra 7) im Laufe des späten 5. oder frühen 4. Jahrhunderts v. Chr. im Zuge der Einführung einer Reihe neuer persischer Vorschriften unter König Artaxerxes II. (404 - 359 v. Chr.) institutionalisiert. Die biblischen Texte belegen, dass Priester und andere Tempeldiener von der Zahlung dieser Steuer befreit waren (Esra 7,24), ein Privileg, das später unter den Seleukidenherrschern Antiochos III. (223 – 187 v. Chr.) (Flavius Josephus, Antiquitates Iudaicae 12,142-144) und Antiochos VII. (138 – 129 v. Chr.) (1 Makk 15,5–6) erneuert wurde.
Die perserzeitliche Münzprägung in Judah
Die älteste heute bekannte Münze, die mit der Provinz Judah in Verbindung gebracht werden kann, wurde erst vor kurzem entdeckt (Nr.1B). Sie stammt wohl aus einer philistäischen Prägestätte, wie Gaza oder Aschkelon, die für Judah prägte, bevor dort eigene Münzen hergestellt wurden. Die einzigartige Darstellung einer Gorgo Medusa auf der Vorderseite zeigt noch deutlich griechischen Einfluss, während es sich bei der Tierkampfgruppe auf der Rückseite um ein geläufiges Motiv handelt, das etwa auch in der persischen Münzprägung Kleinasiens begegnet. Die drei aramäischen Buchstaben Y (yod) H (he) D (dalet) verweisen auf die Provinz Judah.
Für die in Judah selbst geprägten Yehud-Münzen wird wie bereits erwähnt die paläo-hebräische Schrift verwendet. In ihrer Ikonographie folgen sie weit verbreiteten Typen des Mittelmeerraumes (Nr.2A und Nr.4A), so etwa den Eulen-Münzen aus Athen (Nr.9B) oder den persischen „Bogenschützen“ mit der Darstellung des Großkönigs (Nr.12B). Vergleichbare Motive sind auf den Münzen anderer Prägestätten in Palästina aus jener Zeit zu finden. So wurden die populären athenischen Eulen auch in Samaria (Nr.10A) und Gaza (Nr.11A) imitiert. Das Bilderverbot „Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde“ (Dtn 5,8) spielt in der Ikonographie der frühesten jüdischen Münzen offenbar keine Rolle.
Mit der Zeit flossen in die Bildersprache der Yehud-Münzen auch eigenständige Elemente ein. So wurde auf einer dem Vorbild der athenischen Münzen folgenden Imitation der auf die Stadtgöttin Athena verweisende Olivenzweig neben der Eule durch eine Lilie ersetzt, die als Zeichen für Jerusalem bzw. Judah steht (Nr.3B).
Manche der Münztypen nennen in paläo-hebräischer Schrift die Namen einzelner Personen jüdischer Abstammung, so etwa Yohanan (Nr.5B) oder Yeheskiya (Nr.7B). Einige dieser Namen konnten mit Persönlichkeiten identifiziert werden, die aus literarischen Quellen bekannt sind. Die zum Teil zu den Namen hinzugefügten Titel geben Auskunft über die Prägeherren, wie dies etwa bei ha-Kohen (der Priester) (Nr.5B) oder ha-Pechah (der Gouverneur) (Nr.6B) der Fall ist.
Ein Hortfund aus Samaria illustriert einen weiteren Aspekt der frühen jüdischen Geldgeschichte (Bild C.): Neben geprägten Münzen waren sogenanntes „Hacksilber“, also beschädigte Schmuckstücke oder andere Silbergegenstände, sowie zerschnittene Münzen im Umlauf, die offenbar als Zahlungsmittel dienten. Zur Bestimmung ihres Werts mussten sie gewogen werden.
Weiterführende Literatur
H. Gitler, A Hacksilber and Cut Athenian Tetradrachm Hoard from the Environs of Samaria: Late Fourth Century BCE, INR 1 (2006), 5-14.
H. Gitler, The Earliest Coin of Judah, INR 6 (2011), 21-33.
D. Hendin, Guide to Biblical Coins, Fifth Edition, New York 2010.
A. Lykke, ‘Proto-jüdische Münzprägung in Palästina. Zu den Namen und Identitäten der münzprägenden Autoritäten’, Schild von Steier 23 (2010), 74-86.
Y. Meshorer, A Treasury of Jewish Coinage. From the Persian Period to Bar Kokhba (Jerusalem 2001).
Y. Meshorer/S. Qedar, Samarian Coinage (Jerusalem 1999).