13. Die Turk-Schahis in Kabulistan

Nach der chinesischen Überlieferung ergriff die türkische Dynastie, die zuvor schon in Zabulistan die Herrschaft übernommen hatte (s. Vitrine 12) nach 661 auch in Kabulistan die Macht von Ghar-ilchi, dem letzten namentlich bekannten Nezak-König. Dieser war im Jahre 653 vom chinesischen Kaiser als König von Jibin (Kapisi / Kabulistan) formell eingesetzt worden und wurde noch 661, als das chinesische Protektorat über die „Westlande“, zudem auch Jibin zählte, bereits eingerichtet war, vom Tang-Kaiser in seinem Amt bestätigt.

Bald danach müssen die Turk-Schahis unter der Führung von Barha Tegin die Macht in Jibin übernommen und in der Folge das Verwaltungs- und Herrschaftszentrum von Kapisa (Begram) nach Kabul verlegt haben. Schon 665 wurde Kabul erstmals von arabischen Truppen geplündert, doch gelang es dem türkischen Kabul-Schah, rasch wieder die Oberhand zu gewinnen.

In der Münzprägung hat der Herrschaftswechsel von den Nezak zu den Turk-Schahis vorerst noch keinen Niederschlag gefunden, denn die neuen Herren scheinen den alten Nezak-Typ nahezu unverändert übernommen zu haben. Charakteristisches Merkmal bleibt die geflügelte Stierkopf-Krone, und auch die Pehlevi-Aufschrift „König der Nezak“ wird – wenngleich verderbt – weitergeführt (Nrn. 1, 2). Stilistisch ist jedoch ein klarer Bruch zu den Vorgängergeprägen der Nezak zu bemerken (s. Vitrine 11), ebenso wird die Metallqualität der neuen Drachmen deutlich verbessert.

Bemerkenswert ist eine Serie von Kupfermünzen, die in ihrer Bildersprache mit Althergebrachtem bricht und statt des sasanidischen Feueraltars verschiedene neue Rückseitenbilder in das Prägeprogramm aufnimmt. Herausgegriffen seien Stier und Elefant, die als Verkörperung königlicher Macht und unbesiegbarer Stärke gelten sowie nach iranischer Sitte als Zeichen des königlichen Glanzes (khwarrah) des von den Göttern auserwählten Herrschers fungieren (Nrn. 6–7). Auf der Vorderseite wird die Herrscherbüste mit der geflügelten Stierkopf-Krone beibehalten, doch kommt eine weitere, an der Seite applizierte Mondsichel hinzu, und der König trägt mitunter den zentralasiatischen Kaftan (Nr. 4). Charakteristisch für die gesamte Prägegruppe, die vermutlich aus einer gemeinsamen Münzstätte stammt, ist ein neues Tamga, das vor allem auf den Münzrückseiten prominent ins Bild gerückt wird (Nrn. 3, 5, 8, 9). Auf einem Typ (Nr. 8) befindet sich zwischen den beiden Tamgas an Stelle des Feueraltars die baktrische Legende „Zunado“, die vielleicht als Name des Prägeherrn zu interpretieren ist oder mit dem Gott Zun in Verbindung steht, der in Zabulistan besondere Verehrung genoss.

Kontext
  • A. Stammeszeichen (Tamga) der Turk-Schahis von Kabul

A. Stammeszeichen (Tamga) der Turk-Schahis von Kabul

  • B. Panoramablick über einige Grabungsplätze in Mes Aynak (40 km südöstlich von Kabul, Provinz Logar, Afghanistan) (©: Anna Filigenzi)

B. Panoramablick über einige Grabungsplätze in Mes Aynak (40 km südöstlich von Kabul, Provinz Logar, Afghanistan). Das Ausmaß an weiteren Siedlungsresten sowohl profaner als auch religiöser Natur, die hier noch unter dem Boden verborgen liegen könnten, ist derzeit kaum abschätzbar, doch sind in einem Umkreis von ca. 400.000 m2 bereits mit bloßem Auge zahlreiche Spuren davon zu entdecken. Ihr zeitlicher Rahmen erstreckt sich vom 3. bis ins 9. Jh. (©: Anna Filigenzi)

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  • C. Kapelle mit deutlichen Brandspuren. Erkennbar werden auch zwei der ursprünglich vier hölzernen Pfeiler. (©: Anna Filigenzi)

C. Kapelle mit deutlichen Brandspuren. Erkennbar werden auch zwei der ursprünglich vier hölzernen Pfeiler. Von der Skulpturenausstattung sind nur geringe Reste erhalten, darunter ein überdimensionaler menschlicher Finger und zwei Tierohren. Diese Überbleibsel und die auffallend längliche Form der gegenüber dem Eingang befindlichen Basis erlauben den Schluss, dass das Hauptkultbild dieser Kapelle aus einer kolossalen Statue der Hindu-Göttin Durga bestand, die den im Körper eines Büffels versteckten Dämon Mahischa tötet, eine für das 7./8. Jh. typische Form der Darstellung. (©: Anna Filigenzi)

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  • D. Blick in eine Kapelle mit einem kleinen steinernen Stupa (etwa 6. Jh.). Der zweistöckige, runde Aufbau ruht auf einem Kranz aus Lotosblättern. (©: Anna Filigenzi)

D. Blick in eine Kapelle mit einem kleinen steinernen Stupa (etwa 6. Jh.). Der zweistöckige, runde Aufbau ruht auf einem Kranz aus Lotosblättern. Ursprünglich war der Raum mit Wandmalereien ausgeschmückt, von denen nur mehr wenige Spuren erhalten sind, und der Lehmestrich trug eine Ritzdekoration. (©: Anna Filigenzi)

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  • E. Die „Große Kapelle“ von Tepe Kafiriyat aus dem 5./6. Jh. n. Chr. (©: Anna Filigenzi)

E. Die „Große Kapelle“ von Tepe Kafiriyat aus dem 5./6. Jh. n. Chr. Im Inneren dieses Raumes war eine vergleichsweise kleine Darstellung des Buddha im Parinirvana, also im Augenblick seines physischen Todes, von riesigen Skulpturen weiterer Buddhas und Bodhisattvas umringt, von denen nur noch die Beine erhalten sind. (©: Anna Filigenzi)

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