12. Palästina im Umbruch
Herrschaftsgebiet von Herodes Agrippa II. (2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr.)
Vitrine 12: Herrschaftsgebiet von Herodes Agrippa II. (2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr.)

Als Agrippa I. im Jahr 44 n. Chr. verstarb, verweilte sein 16- bis 17-jähriger Sohn am kaiserlichen Hof in Rom. Da Agrippa II. von den Römern für zu jung befunden wurde, um seinem Vater auf den Thron zu folgen, wurde sein Herrschaftsgebiet zur römischen Provinz erklärt und einem Prokurator unterstellt. Erst als sein Onkel Herodes von Chalkis im Jahr 48/49 n. Chr. starb, erbte Agrippa II. dessen Herrschaftsgebiet und wurde zum religiösen Führer der Juden ernannt: Er hatte die Aufsicht über den Tempel und bekam das Recht zugesprochen, Hohepriester einzusetzen. Agrippa II. blieb wahrscheinlich in Rom, bis ihm Kaiser Claudius im Jahr 53/54 n. Chr. das Gebiet Chalkis entzog und ihm stattdessen das Territorium des alten ituräischen Königreichs übertrug, das teilweise vom Tetrarchen Herodes Philipp regiert worden war und dessen Hauptstadt Caesarea Philippi er auch zu seiner eigenen machte (Bild A.). Erst dann kehrte er mit 26 Jahren nach Palästina zurück.

Während Agrippas II. Regierung stiegen die sozialen und religiösen Spannungen in der mit hohen Abgaben belasteten jüdischen Bevölkerung stetig an, die ihr Heil in Prophezeiungen und Messias-Verheißungen suchte. Besonderen Zulauf erhielten die Zeloten unter ihrem Führer Johannes von Gischala; sie hatten sich als zentrales Bestreben Freiheit sowie die alleinige Königsherrschaft Gottes auf die Fahnen geschrieben. Agrippa II. war nicht imstande, die Probleme in den Griff zu bekommen, und als der letzte Prokurator, Gessius Florus, 66 n. Chr. den Tempelschatz in Jerusalem plünderte, kam es zum offenen Aufstand.

Gessius Florus wurde mitsamt den römischen Truppen aus Jerusalem vertrieben, woraufhin Cestius Gallus, der Statthalter von Syrien, mit der 12. Legion nach Judäa marschierte. Er unterschätzte die dortige Lage und sollte die einzige römische Niederlage dieses 1. Jüdischen Krieges erleiden. Nun beauftragte Kaiser Nero den erfahrenen General Vespasian mit der Niederwerfung des Aufstandes (Bild B.).

Vespasian zog im Frühjahr 67 n. Chr. von Norden kommend mit einer Übermacht von 60.000 Mann, darunter drei komplette Legionen, nach Galiläa. Als Erstes eroberte er die Stadt Jotapata unter dem jüdische Kommandanten Galiläas, Joseph ben Mathitjahu (38 – 100 n. Chr.). Dieser wechselte auf die römische Seite, änderte seinen Namen in Flavius Josephus und wurde zu einem Weggefährten des Vespasian, dem er bis nach Rom folgte (Bild C.). In Rom verfasste er mehrere Geschichtswerke, darunter Antiquitates Iudaicae (Jüdische Altertümer), die Geschichte des jüdischen Volkes von der Schöpfung bis zu seiner Gegenwart. Mit einem Thema der Zeitgeschichte beschäftigt sich die Darstellung des 1. Jüdischen Kriegs im Buch De bello Iudaico (Der Jüdische Krieg), in welchem er auch sein Überlaufen zu den Römern literarisch rechtfertigt.