5. Die Kidariten in Taxila

Im ausgehenden 4. Jahrhundert übernahmen die Kidariten die östlich des Indus im Punjab gelegene Region um Taxila (Abb. 5/A) von den letzten dort regierenden Kuschan-Königen (Nrn. 1, 2). Auch hier folgten sie in ihrer Münzprägung den vorgefundenen Traditionen und prägten Golddinare im kuschanischen Stil. Der letzte Kuschan-König, der hier Goldmünzen prägte, war Kipunadha (Nr. 2). Ihm folgte der Gupta-Kaiser Samudragupta (um 330 – 375), der versuchte, den Einfluss des damals gerade erstarkenden Guptareiches mit seinem Zentrum in Pataliputra (Mittelindien) nach Westen bis an den Indus auszudehnen (Nr. 3). Er wurde jedoch von den heranrückenden Kidariten zurückgedrängt.

Auf der Vorderseite der kidaritischen Golddinare (Nrn. 4–9) ist – wie auf den baktrischen Emissionen (s. Vitrine 3) – der stehende König in kuschanischer Tracht an einem Altar opfernd dargestellt. Als Zeichen seines Herrscherglanzes ist sein Haupt von einer Aureole umgeben. Die Königsnamen (Kirada, Hanaka, Yasada, Perosa und Kidara) sind in Brahmi-Buchstaben in Monogrammform rechts neben dem König platziert, hinzu treten zusätzliche Clannamen (?) oder die Bezeichnung „Kuschan“. Auf der Rückseite sehen wir die thronende Schutz- und Fruchtbarkeitsgöttin Ardochscho (auch Symbol des königlichen Glücks) mit einem Füllhorn, sie ist gleichfalls von den kuschanischen Vorbildern übernommen.

Das Umlaufgebiet der kidaritischen Dinare, die vielleicht in zwei Münzstätten (A, B) geprägt wurden, erstreckte sich vom östlichen Punjab über Gandhara bis ins Tal des Kabul-Flusses. Das Zentrum des bekannten Fundaufkommens liegt in Taxila, wo im Zuge der Ausgrabungen des Dharmarajika-Stupas („der vom gerechten König [= Aschoka] stammende“) (Abb. 5/B) drei Schatzfunde mit insgesamt 29 kidaritischen Golddinaren entdeckt wurden.

Unklar ist, wie lange sich die Kidariten in dieser, der östlichsten, Region ihres Machtbereichs halten konnten. Eine Zeit lang haben sie auch hier gemeinsam mit den Alchan geherrscht, sie wurden dann jedoch nach Kaschmir abgedrängt.

Kontext
  • A. Stadtmauer von Taxila Sirsukh mit halbrunden Bastionsvorlagen, rechteckige Anlage von ca. 1400 x 1000 m Länge (©: Klaus Vondrovec)

A. Stadtmauer von Taxila Sirsukh mit halbrunden Bastionsvorlagen, rechteckige Anlage von ca. 1400 x 1000 m Länge. (©: Klaus Vondrovec)

Taxila bildete das bedeutendste wirtschaftliche und kulturelle Zentrum im westlichen Punjab (Pakistan). Das Gebiet umfasst drei große Siedlungsplätze, von denen sich der älteste zumindest bis in das 6. Jh. v. Chr. zurückverfolgen lässt. Taxila Sirsukh ist der jüngste und wurde unter der großen Kuschan-Dynastie im 2./3. Jh. n. Chr. gegründet. Die ummauerte Stadt war von zahlreichen buddhistischen Tempeln und Klosteranlagen umgeben. Gegen Ende des 4. Jhs. übernahmen die Kidariten die Herrschaft in Taxila. Sie wurden spätestens um die Mitte des 5. Jhs. von den Alchan abgelöst.

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  • B. Der buddhistische Klosterkomplex Dharmarajika in Taxila mit dem großen Stupa, dessen älteste Bauphase vermutlich noch in die Zeit des Maurya-Herrschers Aschoka (reg. 268–232 v. Chr.) datiert (©: Nasim Khan)
  • B. Plan des Dharmarajika-Klosters (Kat. Gandhara 2009, p. 291)
  • B. Der Umschreitungsweg des Stupas (©: Klaus Vondrovec)

B. Im Zuge der Ausgrabungen des Dharmarajika-Stupas wurden drei Schatzfunde mit insgesamt 29 kidaritischen Golddinaren gefunden. Als der chinesische Pilger Xuanzang um 632 n. Chr. nach Taxila kam, war vom alten Glanz der Metropole nur mehr wenig übrig: „Die königliche Familie existiert nicht mehr und der Adel kämpft um die Macht. […] Obwohl es viele Köster gibt, sind die meisten verfallen und verlassen, und es gibt kaum noch Priester.“

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