Berenike (* 28 n. Chr ‒ † ?)
Berenike, die älteste Tochter von Agrippa I. und Schwester von Herodes Agrippa II., war eine jüdische Königin (Bild C.). Nach mehreren kurzen Ehen, unter anderem mit ihrem Onkel Herodes von Chalkis, zog sie zu ihrem Bruder, mit dem ihr ein Verhältnis nachgesagt wurde. Sie scheint in allen Bereichen die Position einer Königin neben Agrippa II. eingenommen zu haben. Berenike war zur Zeit des 1. Jüdischen Kriegs (66 – 70 n. Chr.) politisch stark engagiert. Laut Flavius Josephus soll sie „mit bloßen Füßen“ vergeblich versucht haben, den Prokurator Gessius Florus von seinem Massaker an der Jerusalemer Bevölkerung abzubringen (De bello Iudaico 2,310 ff.). Auch in den römischen Quellen wird sie als tatkräftig beschrieben, während ihr Bruder oft nur als ihr Begleiter vorkommt.Berenike unterhielt eine langjährige Liebesbeziehung zum späteren Kaiser Titus, den sie während des 1. Jüdischen Krieges kennen gelernt hatte. Als Ehefrau eines Kaisers wurde sie in Rom jedoch vor allem auf Grund ihres Glaubens und ihrer Abstammung, vielleicht auch ihres Alters, als unpassend empfunden, und so mussten die beiden sich trennen, als Titus im Jahr 79 n. Chr. zum Kaiser erhoben wurde. Das Schicksal Berenikes während ihrer letzten Lebensjahre ist weitgehend unbekannt, auch ist unklar, wann genau sie verstarb.
Die Frauen in der Münzprägung
Die erste Frau, die in der jüdischen Münzprägung begegnet, ist Livia. Ihr Porträt mit dem typischen Haarknoten wird in der jüdischen Münzprägung des Tetrarchen Herodes Philipp (4 v. Chr. – 34 n. Chr.) mit der griechischen Legende ΙΟΥΛΙΑ CEΒΑCΤH (Julia Sebaste) präsentiert. Auf der Rückseite sind drei von einer Hand gehaltene Kornähren und die begleitende Aufschrift ΚΑΡΠΟΦΟΡΟC (Karpophoros, d. h. fruchttragend) zu sehen (Nr.1A). Die Kombination der drei Kornähren mit der Bezeichnung Karpophoros ist häufig in Verbindung mit der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter bzw. Ceres belegt. Kaiser Tiberius hatte zwar die Vergöttlichung seiner Mutter nach ihrem Tod 29 n. Chr. verboten, doch ist eine Verbindung zwischen Livia und Demeter-Ceres, mit der eine indirekte kultische Verehrung Livias ermöglicht wurde, im Osten des Römischen Reiches belegt. Dies scheint auch in der Münze Nr.1A zum Ausdruck zu kommen. Die nächstliegenden Parallelen, die eine gewisse Übereinstimmung mit dieser Darstellung Philipps zeigen, stammen aus Alexandria, wo die Livia-Ikonographie viel früher und in weit höherem Grad eine Rolle spielte als in Rom (Nr.6A). Erst der Münztyp, den Tiberius aus Anlass von Livias Genesung nach einer ernsten Krankheit im Jahr 22 n. Chr. prägte, lässt Livia zum Bestandteil der imperialen Münzprägung werden (Nr.7B), gefolgt von den späteren Damen des Kaiserhauses (beispielsweise Nr.8B). Schon zuvor wird auf Münzen des Prokurators Valerius Gratus (15 – 26 n. Chr.) Livias griechischer Name parallel zum Namen ihres Sohnes Tiberius genannt (Nr.5B).
Auch Agrippa I. (38 – 44 n. Chr.) nutzte die Möglichkeit, Frauen des römischen Kaiserhauses, wie Antonia Minor oder seine eigene Gemahlin Kypros, zu porträtieren. In seiner Loyalität gegenüber dem römischen Kaiserhaus ging er so weit, dass er sogar sonst kaum bekannte Darstellungen von Caligulas Frau Caesonia (Nr.2B) und dessen Schwester Drusilla in die Münzprägung aufnahm. Mit den Münzbildnissen seiner Frau Kypros unterstrich er ihre herausragende Stellung. Gemeinsam mit Antonia Minor erscheint Kypros auch als Priesterin im Kult des Divus Augustus.
Die berüchtigte Schwester von Agrippa II., Berenike, begegnet ebenfalls auf Münzen (Nr.3A). Sie trägt den Schleier, eine übliche Darstellung für vornehme Damen dieser Zeit. Dies erinnert an die vorangegangene Bildtradition der Ptolemäerinnen (Nr.4A), die den Weg für die Ikonographie der römischen Damen gebahnt hatte. Die Rückseite zeigt als Herrschaftssymbol den seleukidischen Anker, der zugleich auch das Nachfolgerecht betont, wodurch Berenikes Position hervorgehoben wurde (s. oben).
Weiterführende Literatur
U. Hahn, Die Frauen des römischen Kaiserhauses und ihre Ehrungen im griechischen Osten anhand epigraphischer und numismatischer Zeugnisse von Livia bis Sabina, Saarbrücken 1994
Y. Meshorer, A Treasury of Jewish Coins. From the Persian Period to Bar Kokhba, Jerusalem 2001
Y. Meshorer u. a., Coins of the Holy Land. The Abraham and Marian Sofaer Collection at the American Numismatic Society and the Israel Museum, New York 2013, 2 Bde.
P. Schäfer, Geschichte der Juden in der Antike. Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung, Tübingen 2010