Die Verluste, die das römische Heer hinnehmen musste, werden auf römischer Seite kaum erwähnt. Dass der Aufstand für Rom jedoch kein nebensächliches Ereignis am Rande des Imperiums war, ist in dieser Zeit z. B. am Weglassen der üblichen Grußformel von Kommandanten des Heeres an den Senat abzulesen: „Wenn Ihr und Eure Kinder gesund seid, dann ist es gut. Wir und das Heer sind gesund“ (Cassius Dio, Römische Geschichte 69,14,2). Erst als Kaiser Hadrian dem bewährten Feldherrn Julius Severus das Kommando übertrug, gelang es den Römern, den Aufstand in Judäa niederzuschlagen. Im Jahr 135 n. Chr. wurde Shimeon Ben Kosiba in der Festung Bethar nahe Jerusalem, an seinem letzten Rückzugsort, getötet. Rabbi Akiba und die anderen Aufständischen wurden hingerichtet.
Die Bedeutung des Sieges über die Juden für Hadrian wird lediglich durch die Verleihung des Imperatoren-Titels durch den Senat im Jahre 135 oder 136 n. Chr. hervorgehoben. Sonst wurde dieser zweite Sieg über die Juden, ganz im Gegensatz zur römischen Propaganda nach dem 1. Jüdischen Krieg, weder mit einem Triumphzug in Rom gefeiert, noch findet er im Bildprogramm der hadrianischen Münzen einen entsprechenden Niederschlag.
Hadrians bronzenes Standbild aus Tel Shalem, das sich heute im Israel Museum in Jerusalem befindet (Bild C.), mag mit dem erfolgreichen Ausgang des Krieges in Zusammenhang stehen, könnte aber auch schon im Jahre 130 n. Chr. errichtet worden sein, als der Kaiser anlässlich der Neugründung Jerusalems als Aelia Capitolina in Palästina weilte.
Die letzten jüdischen Münzen
Eine Besonderheit der Bar Kokhba-Münzen besteht darin, dass es sich bei ihnen um Überprägungen handelt. Die jüdischen Rebellen überprägten Münzen, die zu dieser Zeit im Umlauf waren – vor allem römische, aber auch andere sowie Städteprägungen aus Palästina – mit neuen, eigenen Motiven und Legenden. Sogar ältere jüdische Münzen wie jene von Herodes dem Großen wurden als Schrötlinge benutzt. Das Überprägen der Münzen des römischen Besatzers war, neben der Notwendigkeit der Materialbeschaffung, auch ein bewusst gesetzter symbolischer Akt, durch den die Darstellungen auf den römischen Münzen ausgelöscht wurden (Nr.1A).
Die Münzen aus der Zeit des Bar Kokhba-Aufstandes können den vier Kriegsjahren zugeordnet werden. Während die Stücke der beiden ersten Jahre die Datierungen „Jahr 1“ (132/133 n. Chr.) (Nr.2B) bzw. „Jahr 2“ (133/134 n. Chr.) (Nr.5A) tragen, weisen die Münzen der letzten beiden Kriegsjahre keine Jahresangaben mehr auf (vgl. Nr.3B und Nr.13B). Die von den Rebellen angeführte Verwaltung prägte Silbermünzen in drei verschiedenen Nominalen: sela’im (Tetradrachmen), shekalim (Didrachmen) und zuzim (Denarii). Diese hebräischen Bezeichnungen sind in den zeitgenössischen Dokumenten überliefert. Die Nominale der Bronzemünzen sind weniger gut gesichert; wahrscheinlich setzten sie sich ebenfalls aus drei oder aus vier verschiedenen Wertstufen zusammen.
Das bekannteste Motiv auf den Münzen ist die Tempelfassade, die entweder auf den zu diesem Zeitpunkt nicht länger existierenden 2. Jüdischen Tempel verweist oder als Hinweis auf den wieder zu errichtenden 3. Tempel zu verstehen ist (Nr.2A). Auf der Rückseite der Münzen mit der Tempelfassade werden Objekte abgebildet, die aus dem jüdischen Tempelkult stammen, so Lulav und Etrog als Hinweis auf das Sukkoth-Fest (Nr.2A). Auch sind Motive wie Musikinstrumente (Nr.4B und Nr.6B) und Gefäße (Nr.9B und Nr.10B) wohl gleichfalls dem Kultbereich zuzuordnen.
Hinzu kommen Bildmotive, die auf das Land Judäa (Palmen und Palmenzweige) bzw. die Fruchtbarkeit des Landes (Weintrauben und Weinblätter) (Nr.11B) hindeuten. Zusätzlich zu den auf Kult und Land verweisenden, Identität stiftenden Motiven tragen die Münzen Aufschriften wie ŠM’WN N’SY YSR’L („Shimeon, Prinz von Israel“) (Nr.4B), ab dem zweiten Jahr nur ŠM’WN („Shimeon“) (Nr.5A), oder ‘L’ZR HKHN („Eleazar der Priester“) (Nr.12A), womit sie personalisiert werden. Bei Shimeon handelt es sich zweifelsohne um Shimeon Ben Kosiba, den Rebellenführer, während „Eleazar der Priester“ bislang noch nicht als historisch gesicherte Persönlichkeit identifiziert werden konnte.
Die Münze Nr.14A ist ein Beispiel für die spätere Wiederverwendung einer Bar-Kokhba-Münze als Anhänger. Anhand der Lochungen wird u. a. ersichtlich, welche Motive für die Träger der Münzen als Schmuckstücke wichtig waren. Ob sich im vorliegenden Fall der Träger dessen bewusst war, dass er eine Münze der Rebellen trug, kann allerdings heute nicht mehr geklärt werden.
Weiterführende Literatur
Y. Meshorer, A Treasury of Jewish Coins. From the Persian Period to Bar Kokhba, Jerusalem 2001
Y. Meshorer u. a., Coins of the Holy Land. The Abraham and Marian Sofaer Collection at the American Numismatic Society and the Israel Museum, New York 2013, 2 Bde.
L. Mildenberg, The Coinage of the Bar Kokhba War, Aarau 1984
P. Schäfer, Geschichte der Juden in der Antike. Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung, Tübingen 2010