9. Die römische Provinzverwaltung
Die römischen Präfekte und Prokuraturen in Palästina (ab 6. n. Chr.)
Vitrine 9: Die römischen Präfekte und Prokuraturen in Palästina (ab 6. n. Chr.)

Nach der Abberufung des Herodes Archelaos im Jahr 6 n. Chr. wurde das jüdische Kernland der römischen Provinz Syrien zugeordnet. Nun übernahm ein römischer Präfekt die Verwaltung, der seinen Sitz im königlichen Palast in Caesarea Maritima aufschlug (Bild A.). Als Offizier ritterlichen Rangs unterstand er dem senatorischen Statthalter von Syrien. Unter Kaiser Claudius (41 ‒ 54 n. Chr.) erfolgte die Verwaltung durch Prokuratoren, doch blieb der Aufgabenbereich unverändert. Den Präfekten und Prokuratoren war die Kapitalgerichtsbarkeit übertragen, um in Judäa für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Die Herodes Antipas und Herodes Philipp unterstehenden Gebiete waren davon nicht betroffen.

Namen und Reihenfolge der römischen Magistrate sind aus der literarischen Überlieferung bekannt, vor allem aus den Schriften von Flavius Josephus. Der erste Präfekt war Coponius; er führte gemeinsam mit seinem Vorgesetzten Quirinus, dem Statthalter von Syrien, einen Census durch. Diese Volkszählung wird von den Evangelisten mit der Geburt Jesu in Verbindung gebracht. Die Volkszählung muss jedoch einige Jahre zuvor erfolgt sein. Anfangs amtierten die Präfekten jeweils drei Jahre lang, bevor es unter Tiberius (14 – 37 n. Chr.) zu längeren Amtszeiten kam. Besonders lange residierten Valerius Gratus (15 – 26 n. Chr.) und Pontius Pilatus (26 – 36 n. Chr.) in Judäa.

Die ersten Präfekten kamen mit der jüdischen Bevölkerung offenbar zurecht, es werden zumindest keine schwerwiegenden Auseinandersetzungen überliefert. Allein Valerius Gratus scheint Probleme mit den Hohepriestern gehabt zu haben, denn er setzte in seiner Amtszeit fünf Hohepriester ab und ernannte an ihrer Stelle andere Kandidaten. Das grundsätzlich positive Verhältnis änderte sich nach dem Amtsantritt von Pontius Pilatus (Bild B.). Seine Aufstellung von Symbolen des Kaisers in Jerusalem stieß auf heftigen Protest der Bevölkerung. Für den Bau einer Wasserleitung nahm Pilatus Geld aus dem Tempelschatz, was abermals zu Unruhen führte. Pontius Pilatus antwortete mit großer Brutalität. Wenig später ging er skrupellos gegen eine die Endzeit erwartende religiöse Splittergruppe am Berg Garizim vor. Gegen sein hartes militärisches Eingreifen wurden Beschwerden beim Kaiser Tiberius vorgebracht, der den Präfekten 36 n. Chr. abberief. Einige Jahre zuvor hatte Pontius Pilatus in seiner Funktion als Richter bei Kapitalverbrechen Jesus von Nazareth zum Tod am Kreuz verurteilt.

Kontext
  • A. Caesarea Maritima, Palast von Herodes dem Großen, Sitz der Prokuratoren (©: Zev Radovan)

A. Caesarea Maritima, Palast von Herodes dem Großen, Sitz der Prokuratoren (©: Zev Radovan)

  • Pontius Pilatus-Inschrift aus Caesarea Maritima (©: Israel Museum)

B. Inschrift aus Caesarea Maritima: Diese wiederverwendete Bauinschrift ist die einzige, die Pontius Pilatus nennt. (©: Israel Museum)

  • C. Tiberius, Denar (Silber) (©: KHM, MK RÖ 5095)

C. Tiberius, Denar (Silber) (©: KHM, MK RÖ 5095)

  • Tyros, Shekel (Silber) (©: KHM, MK GR 35361)

D. Tyros, Shekel (Silber) (©: KHM, MK GR 35361)