Hochbetagt dankte „ChorasanTegin Schah“ schließlich im Jahre 738 ab und ersuchte den chinesischen Kaiser, seinen Sohn Fulin Jipo (From Kesar) als Nachfolger einzusetzen (s. Vitrine 15).
Die Münzen dieser Periode zeigen verschiedene Entwicklungsstränge, die auf der einen Seite in der alten Typologie der Nezak-Könige von Kabulistan wurzeln (s. Vitrine 11), auf der anderen Seite verstärkt Elemente der sasanidischen Reichsprägung wieder aufnehmen und in den Umschriften das Mittelpersische (Pehlevi) bevorzugen. Hinzu treten Einflüsse aus der Münzprägung der arabischen Gouverneure.
Trotz der vermutlich über fünfzigjährigen Dauer der Regierung des „ChorasanTegin Schahs“ können ihm nur wenige Münztypen eindeutig zugewiesen werden (Nrn. 4–6), und es ist nicht auszuschließen, dass neben dem Kabul-Schah auch noch andere ihm untergebene Fürsten im Zuge des ständigen Abwehrkampfes gegen die Araber Münzen prägten. Auch die Münzstätten sind meist nicht eindeutig zu lokalisieren, oft ist nicht einmal festzustellen, ob ein Münztyp nördlich oder südlich des Hindukusch geprägt wurde.
Für die Chronologie von herausragender Bedeutung sind zwei datierte Emissionen, die in das Jahr 702/03 (Nr. 4) bzw. 708/09 oder 728 (Nr. 6) gestellt sind. Nach ihren Aufschriften sind sie eindeutig dem „ChorasanTegin Schah“ zuzuweisen.
Die alte, geflügelte Stierkopf-Krone der Nezak wird vorerst beibehalten (Nr. 1), in der Folge wird jedoch der Stierkopf durch einen Löwenkopf ersetzt und die Flügel werden weggelassen (Nr. 6). Bemerkenswert ist eine Emission, die den Löwenkopf am Scheitel der Krone zusätzlich mit einem seitlich angebrachten Stierkopf kombiniert (Nr. 2). Zu den Neuerungen im Bildprogramm zählen zudem die Königsbildnisse in ¾-Ansicht, die seit den Kidariten (s. Vitrine 4) nicht mehr verwendet wurden (Nrn. 3, 6). Auf den Rückseiten dominiert nach wie vor der sasanidische Feueraltar; neu ist das Bildnis einer Gottheit im Flammennimbus, die als iranischer Gott des Feuers (Adur) oder als Personifikation des königlichen Herrscherglanzes (khwarrah) gedeutet wird (Nr. 6). Dieser Münztyp ist auch in Zabulistan vertreten (s. Vitrine 15) und wurde erstmals vom Sasaniden-König Chosro II. (590–628) für eine Serie von Sonderausgaben verwendet (s. Vitrine 2, Nr. 12).
Unklar ist die Zuweisung von einzelnen Drachmen-Emissionen (Nrn. 7–9), die vielleicht mit dem Aufstand des Nezak Tarchan in Baktrien in Zusammenhang stehen könnten. Nezak Tarchan ist in den arabischen Quellen als hephthalitischer Prinz genannt, der den arabischen Feldherrn Qutayba bin Muslim im Jahre 709 auf seinem Feldzug nach Buchara begleitet hatte, dann jedoch die Fürsten Baktriens (Tocharistans) zu einem Aufstand gegen die Araber anstiftete. Um sich ein Rückzugsgebiet zu sichern, wurde auch der Kabul-Schah um Hilfe gebeten und Teile von Nezaks Vermögen wurden nach Kabul transferiert. Der Aufstand scheiterte, und Nezak wurde 710 auf der Flucht nach Kabul von Qutayba gefangengenommen und hingerichtet.
Auf der Vorderseite der betreffenden Münzen ist das Königsbildnis mit der geflügelten Stierkopf-Krone der Nezak zu sehen, während die Rückseiten mit dem Feueraltar wieder direkt an sasanidische Vorbilder anknüpfen. Die Legenden sind durchwegs in Pehlevi gehalten, aber meist nicht klar lesbar; auf einer Ausgabe (Nr. 8) ist der Titel „Yabgu der Baktrier“ jedoch eindeutig genannt. Bemerkenswert ist ein in eine Mondsichel eingeschriebenes Tamga, das als Randzier mehrfach begegnet (Nrn. 8, 9), sonst jedoch nur auf Geprägen aus dem Gebiet südlich des Hindukusch belegt ist (s. Vitrine 13).