14. Kabulistan und Baktrien zur Zeit des „Chorasan Tegin Schah“

„Chorasan Tegin Schah“ (= Tegin, König des Ostens), der in den chinesischen Quellen als Wusan teqin sa begegnet, war der zweite Turk-Schahi auf dem Thron von Kabul (s. Vitrinen 12, 13). Er dürfte um oder nach 680 seinem Vater Barha Tegin in diesem Amt nachgefolgt sein. Der Titel „König des Ostens“ mag als eine direkt an die Adresse des umayyadischen Kalifen gerichtete Herausforderung verstanden worden sein. Sein eigentliches Herrschaftsgebiet erstreckte sich von Kabulistan bis nach Gandhara, zeitweise zählte auch Zabulistan dazu. Baktrien, also die Landschaft nördlich des Hindukusch, gehörte jedoch nicht zu seinem unmittelbaren Herrschaftsbereich.

Nach dem Regierungsantritt des „ChorasanTegin Schahs“ dürfte es zu einem Konflikt in der königlichen Familie gekommen sein, der den älteren Bruder des Kabul-Schah veranlasste, sich nach Zabulistan abzusetzen und dort unabhängig zu machen. In den arabischen Quellen wird der Herrscher von Zabulistan fortan als Rutbil (türkisch Iltäbär) bezeichnet. Angesichts der drohenden arabischen Gefahr blieben die Bande zwischen beiden Herrscherhäusern jedoch eng, und man kämpfte Seite an Seite gegen die muslimischen Feinde. Der erste Rutbil von Zabulistan fiel schon 683 oder 686/87 in der Schlacht gegen die Araber, nachdem er sich noch zuvor mit ihnen verbündet hatte. Um 710 scheint der Kabul-Schah vorübergehend wieder die Oberhoheit über Zabulistan erlangt zu haben, und es wurden Truppen für den gemeinsamen Kampf gegen die Araber in Zabulistan rekrutiert.

Im Jahre 719/720 hören wir von einer Gesandtschaft des Tegins von Jibin (Kabulistan) und des Iltäbärs von Zabulistan (Xieyu) nach China, die beim Tang-Kaiser die Bestätigung von deren Ämtern erwirken sollte. Die vom Kaiser unterzeichneten Investiturdekrete wurden per Boten nach Jibin und Zabul zurückgesandt. Als der koreanische Pilger Huichao um 726 die Länder südlich des Hindukusch bereiste, weilte er auch am Hof des Kabul-Schahs, der wohl mit dem „Chorasan Tegin Schah“ zu identifizieren ist. Huichaos Reisebericht ist zu entnehmen, dass Kabul und Zabul damals von türkischen Königen regiert wurden, die Buddhisten waren, und dass der König von Kabul der Onkel des Herrschers von Zabul gewesen sei.

Kontext
  • A. Stammeszeichen (Tamga) der Turk-Schahis von Kabul

A. Stammeszeichen (Tamga) der Turk-Schahis von Kabul

  • B. Das fruchtbare Tal von Bamiyan in Zentral-Afghanistan (Hazarajat) mit den beiden kolossalen Buddhastatuen (fotografiert im Jahre 1974)

B. Das fruchtbare Tal von Bamiyan in Zentral-Afghanistan (Hazarajat) mit den beiden kolossalen Buddhastatuen (fotografiert im Jahre 1974)

Im Jahr 628/629 besuchte der chinesische Pilger Xuanzang das buddhistische Königreich Bamiyan. Die politische und ökonomische Bedeutung des Königreichs und damit auch des dort angesiedelten buddhistischen Zentrums, die sich aus Xuanzangs Bericht ableiten lässt, scheint ihre Wurzeln in der Zeit um die Mitte des 6. Jhs. zu haben, als der Fernhandel zwischen Zentralasien und Indien direkt an Bamiyan vorbeiführte. Diese Blütezeit mit einem Höhepunkt im 7. und 8. Jh. endete im 9./10. Jh. mit der zunehmenden Islamisierung des Landes.

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  • C. Die 55 m große Buddhastatue (1973) - Im März 2001 von den Taliban gesprengt

C. Die 55 m große Buddhastatue (1973) - im März 2001 von den Taliban gesprengt.

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  • D. Die 38 m große Buddhastatue (1973) - im März 2001 von den Taliban gesprengt

D. Die 38 m große Buddhastatue (1973) - im März 2001 von den Taliban gesprengt.

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  • E. Der „Jägerkönig“ von Kakrak, einem Seitental von Bamiyan. Wandmalerei aus dem 7./8. Jh. (©: Kabul, Afghanisches Nationalmuseum / Wien, WHAV)

E. Der „Jägerkönig“ von Kakrak, einem Seitental von Bamiyan. Wandmalerei aus dem 7./8. Jh. (©: Kabul, Afghanisches Nationalmuseum / Wien, WHAV)